Das Grubenunglück von Courrieres 1906

 

                                                                               1099  getötete Bergleute

 

In der Nähe der französischen Industriestadt Lens liegen die Courrieres - Zechen mit insgesamt 14 Schächten umgeben von den Bergarbeiterstädten Billy Montigny, Sallaumines, Mericourt und Noyelles-sous-Lens.

In Courrieres waren im ganzen 14 Schächte in Betrieb oder im Abteufen begriffen, 9 davon dienten der Förderung. Alle, ausser mit Ausnahme eines im Abteufen begriffenen Schachtes ( Schacht Nr.13 ) standen unter Tage in Verbindung. 5 dieser Schächte standen unmittelbar inm Zusammenhang mit dieser Explosion. Es waren die Schächte Nr. 4/11,  Nr.2,  Nr.3  und Nr.10.  Die Schächte Nr.4 und Nr.11 lagen dicht beieinander. Man hatte sie einzeln abgeteuft und dann mit anderen weit entfernt gelegenen Schächten zum Zweck der Wetterführung unter Tage durchschlägig zu machen. So lag der Einzelschacht Nr.3 etwa 1200m östlich von der Schachtanlage 4/11, Schacht Nr. 2 lag ca. 1300m östlich von Schacht Nr. 3, und Schacht 10 rund 460m südlich von Schacht Nr. 2. Die Durchmesser der Schächte betrug zwischen 3,5m und 4,5m , ihre Teufe bis zu den Füllörtern betrug 275m bis 365m.

Im Jahr 1904 förderte die Gesellschaft 7500 Tonnen Kohle täglich aus 9 Schächten was eine Gesamtjahresförderung von 2267043 Tonnen ausmachte. Die Anzahl der Arbeiter belief sich auf 9258 von denen 7594 unter Tage beschäftigt waren.
Am 6 März 1906 war in einer wetterführenden Strecke, die durch den alten Mann des Flözes Cecile führte, in der Nähe des Schachtes 3 zwischen der 280 m und 326 m Sohle ein Grubenbrand durch Dämme abgeschlossen worden. Eine Gefahr von diesem Brand schien man nicht befürchtet zu haben, sodass der Grubenbetrieb den üblichen Fortgang nahm.
Am 10 März fuhr die Morgenschicht in der Stärke von 1400 Männern in den Schächten 4/11,  3 und 2 an. Etwa gegen 7 Uhr ereignete sich die schreckliche Explosion die den Verlust von 1099 Menschenleben zur Folge hatte. Ausserdem wurden 97 Pferde getötet. Das erste Anzeichen des Unglücks über Tage war das Aufsteigen von Rauch und Staubwolken, begleitet von einem lauten Getöse in den Schächten 4/11 sowie 3 und 2. Dabei wurden auch einige Tagesgebäude beschädigt. Schnell gebildete Rettungskolonnen mussten feststellen das der Schacht 3 durch Holz und Eisen versperrt war. Man musste die Rettungsversuche durch andere, weniger zerstörte Schächte unternehmen. Von den unmittelbar durch die Explosion betroffenen Bergleuten konnten sich ca. 300 retten.
Da die Nachschwaden in den Schächten 2 und 4 aufstiegen und die Rettungsversuche behinderten, wurde der Wetterstrom umgekehrt sodass die Schächte Nr.2 und Nr.4 in einfallende Schächte umgewandelt wurden, während Schacht Nr.3 als Ausziehschacht diente.

Bergmeister Engel vom Bergbau-Verein-Essen bot im Namen des Ruhrbergbaus rettende Hilfe an. Die Direktoren Courrieres nahm das Hilfsangebot an. Die erst seit kurzer Zeit neu gebildeten Rettungstrupps der Zeche Shamrock in Herne und der Feuerwache Rheinelbe in Gelsenkirchen waren in sehr kurzer Zeit auf dem Wege nach Courrieres. Bergwerksdirektor G. A. Meyer von Shamrock führte sie. Brandinspektor Koch von Rheinelbe half ihm. Bergmeister Engel vom Oberbergamtsbezirk Dortmund fuhr mit ihnen.

 

Die Shamrock-Truppe bestand aus folgenden Rettungsleuten:

Julius Ruhe,                          Obersteiger            37 Jahre
Wilhelm Dieckmann,         Fahrsteiger             43 Jahre
Heinrich Middendorf         Reviersteiger          38 Jahre
Peter Hansmeier                 Reviersteiger         46 Jahre
Heinrich Droste                    Aufseher                 29 Jahre
Friedrich Funke                    Fahrhauer              40 Jahre
August Hanz                         Fahrhauer               42 Jahre
Diedrich Ossik                      Fahrhauer               41 Jahre
Hermann Nünker                Fahrhauer               42 Jahre
Friedrich Eickhoff                Schrämmeister      35 Jahre
Hermann Hülsberg             Hauer                       34 Jahre
Georg Jäger                           Schießhauer           36 Jahre
Eduard Funke                       Hauer                        38 Jahre
Johann Reinking                  Schießhauer           37 Jahre
Friedrich Wulfmeier            Klempner                24 Jahre
Hubert Mertens                    Klempnermeister

Führung: Bergwerksdirektor  G.A.Meyer
                  Bergassessor             Frenzel
                  Bergassessor             Jüngst
                  Bergassessor             Wex
                  Bergassessor             Sternberg

Die Rheinelbe-Truppe bestand aus folgenden Rettungsleuten:

Willi Berghans                Oberfeuerwehrmann
Karl Freund                      Feuerwehrmann
Karl Montag                     Feuerwehrmann
Karl Krauskopf                 Feuerwehrmann
Friedrich Hüls                  Feuerwehrmann

Führung: Brandinspektor Hugo Koch

 

Bergmeister Engel Geschäftsführer des Vereins für die bergbaulichen Interessen im Oberbergamtsbezirk Dortmund Veranlasser der Hilfsexpedition des Ruhrbergbaus für die Grube Courrieres  1906                            Dräger-Hefte

 

Grubenwehr Rheinelbe von rechts: Krauskopf, Freund, Berghaus, Brandinspektor Koch, Montag, Hüls           Dräger Hefte

 

  Grubenwehr Shamrock von rechts: Eikhoff, Reinking, Wulfmeier, Hansmeier, Middendorf, Eierle                  Dräger-Hefte

                   Französische Grubenwehrleute von Courrieres 1906 auf der Zeche Shamrock in Herne       Dräger Hefte

 

Die deutschen Rettungstrupps von Shamrock und Rheinelbe benutzten das vom Bergwerksdirektor Albrecht Meyer entwickelte Rettungsgerät "Westfalia 1906",  während die französischen Rettungsmannschaften mit dem Drägergerät 1904/09  (auch Guglielminetti-Drägergerät genannt)  ausgerüstet waren. Unter ihnen auch die Feuerwehrmänner von Paris mit Capitaine Salles de Hys an der Spitze.

Es kam im Vorfeld immer zu Disputen zwischen Dräger und Meyer. In Courrieres standen sich die beiden Geräte-Konstruktionen gegenüber.

 

Französischer Grubenwehrmann mit Dräger-Modell  1904/09  Dräger-Hefte

 

       Erstes Ehrenmal für die Opfer von Courrieres 1906

Deutsche Rettungsmannschaft vor dem Abstieg  mit dem Modell Westfalia 1906      

 Neues Ehrenmal für die Opfer von Courrieres     1919/20


 

 

                                                         Gesamtansicht des Ortstosses der Lecoeuvre-Strecke

Diese Aushöhlung am Bohrloch machte den Eindruck, als ob sie mit der Hacke hergestellt wäre. Man kann annehmen, dass sie entstanden ist, als man den versagten Schuss freizulegen versuchte. Bei der dem Bohrloch unmittelbar benachbarten Lage der Höhlung mag ein schlecht gezielter Schlag mit der Hacke das Zündhütchen getroffen und so die Explosion des Schusses verursacht haben.

 

                                                                                   Die Eingeschlossenen

20 Tage nach dem Unglück, am 30 März 1906 stiegen 13 überlebende Bergleute unversehrt zu Tage.
Am 4. April 1906 , 25 Tage nach der Katastrophe stellte sich der 14. Überlebende, der Hauer Berthon ein, nachdem die Ingenieure der Grube mit ziemlicher Bestimmtheit das vorhandensein Überlebender verneint haben.

                                                     Gruppe der 13 aus dem Schacht 2 entkommenen Bergleute

Die Gruppe der 13 erreichte den rettenden Ausweg unter Führung der Kohlenhauer Henri Woittier ( nicht Henri Neny ) und Charles Pruvost senior. 5 Mann der Gruppe waren einige Tage allein in den zu Bruch gegangenen, mit Leichen besäten Bauen umhergeirrt, geführt von Woittier. Die anderen 8 Mann suchten in anderen Strecken des grossen Grubenfeldes nach einem Ausweg, geführt von Pruvost. Beide Gruppen trafen unerwartet zusammen.

Die Gruppe Woittier war anfangs 10 Mann stark. Während flüchtender Befahrung der zum Teil mit Brandgasen erfüllten Strecken gingen 4 Mann unter den typischen Anzeichen der Kohlenoxydvergiftung zugrunde.

Die Gruppe Pruvost hatte ähnliche Irrfahrten hinter sich wie die Gruppe Woittier. Sie verlor anfangs 11 Mann stark, 3 Kameraden.

 

                                                                                Der letzte der Entkommenen

Der nach 25 Tagen des Eingeschlossenseins zutage Kommende, der Hauer Berthon, gehört einer Gruppe an, die sich nach der Explosion mit 32 Kameraden um den Reviersteiger Grandamme versammelte. Dieser übernahm die Führung. Grandamme, der es für seine Ehre hielt, stets an der Spitze zu sein, wurde das erste Opfer. Er starb, uns vorher zurufend, ihn seinem Schicksal zu überlassen und schleunigst umzukehren. Dieses Schicksal traf auch 31 meiner Kollegen.

 

                                                                                        Bilder - Galerie

 

 

                                            Heinrich Middendorf, Reviersteiger der Shamrocktruppe berichtet

            Reviersteiger Heinrich Middendorf im Rettungsdienst tödlich verunglückt am 24. August 1922 auf der              

                                                                         Schachtanlage Vereinigte Welheim

                                           

Am Montag den 12. März, nachmittags gegen 14:00 Uhr kamen wir nach unvergesslicher Fahrt auf Schacht II der Gruben von Courrieres an. Tausende von Frauen und Männer bevölkerten die Strassen. Infantrie patroullierten und sorgten für Ordnung. Wir gingen sofort in die bereitgestellten Quatiere, wo wir mit Kaffe und Kuchen bewirtet wurden. Danach eilten wir zum Schacht um unsere Apparate auszuladen und ein Rettungslager einzurichten, das Dank der französischen Zechenbeamten schnell erledigt war. Unsere Sauerstoffapparate wurden anschliessend geprüft und danach konnte die Rettungsaktion beginnen. 

18:00 Uhr erfolgte die erste Einfahrt auf Schacht II. Es beteiligten sich an der Befahrung die Herren Bergmeister Engel, Direktor Meyer, Reviersteiger Hauemeyer, Maschinenaufseher Droste, Hauer Eikhoff und Reviersteiger Middendorf, ausserdem von französischer Seite vier Ingenieure und ein Arzt. Ein französischer Beamter notierte unsere Namen, unser Truppführer Herr Direktor Meyer wirft noch einen prüfenden Blick auf uns und dann bekomme ich ein Ruhegefühl als gelte es eine gewöhnliche Grubenfahrt zu machen. Wir besteigen den Förderkorb, ein letztes Glück-Auf und hinab in das grausige Leichenfeld. Auf der 340 m Sohle angekommen stelen wir fest, dass die Luft atembar war. In kurzer Entfernung vom Schacht lagen sechs erstickte Pferde, etwas 30 m weiter fanden wir die ersten Leichen. Bald machten sich die Brandgase stärker bemerkbar, wir waren in das Flöz Josephine und damit ins Explosionsgebiet vorgedrungen. Zimmerungen waren über den Haufen geworfen, das Hangende war hereingebrochen, ein Pferdezug und dessen beladene Wagen durch die ungeheure Explosionskraft kreuz und quer durcheinander geworfen versperrten uns den Weg. Zwischen den Wagen lag der Gaul und sein Führer eingeklemmt und teilweise von hereingebrochenen Bergmassen verschüttet. Nach kurzer Beratung wurde beschlossen das zwei Mann mit Atmungsgeräten unter Führung des Betriebsführers Petitjean versuchen sollen, durch die verbrochene Strecke weiter vorzudringen. Eickhoff und ich setzten unsere Apparate in Tätigkeit und begannen eine halsbrecherische Fahrt über hereingebrochene Gesteinsmassen. Die Luttentour, die zur Bewetterung gedient hatte lag am Boden, teilweise waren die einzelnen Lutten wie Papier zusannengedrückt, die Luft war unerträglich heiss. Ein matter Nebel wurde sichtbar, wir drangen weiter vor und kommen endlich vor Ort und fanden sechs Tote schrecklich verbrannt, die Gezähstücke krampfhaft festhaltend. Der Tod hatte sie bei der Arbeit überrascht. Es wurde nun beschlossen, das weitere Vordringen zu beenden und die Leichen die bis dahin gefunden wurden, zu bergen und zutage zu fördern. Wir waren bei dieser ersten Fahrt etwas 800 m vorgedrungen und hatten 45 Leichen geborgen. Am 13. März ruhten bis 16:00 Uhr sämtliche Arbeiten. Auf der Zeche wurde eine ergreifende Leichenfeier veranstaltet und die bisher geborgenen Leichen in feierlicher Weise beerdigt. Während der folgenden Tage wurde die Grube weiter abgesucht und die gefundenen Leichen der Bergarbeiter zutage befördert.

Durch Verdämmungsarbeiten und Umstellen der Wetterführung gelang es endlich am 19. März bis zum Brand vorzudringen. Französischen Arbeiter bauten unter Pressluft eine Wasserleitung. Nun begann die Brandbekämpfung durch uns. Der Brandherd gewährte einen schaurigen Anblick. Das Hangende war weissglühend und hell auflodernde Flammen kamen aus dem Kohlenstoss der etwa 1 m tief verkokt war. Die Hitze war unerträglich, alle 5 Minuten mussten wir uns gegenseitig ablösen. Unter Hilfeleistung der mittlerweile eingetroffenen Kameraden von der Pariser Feuerwehr gelang es endlich den Brand soweit zu bekämpfen, dass ein frischer, atembarer Wetterstrom dem durch die Explosion versperrten Schacht III zufloss um dann von dort die weiteren Bergungsarbeiten vorzunehmen.

Hiermit war unsere Hauptaufgabe beendet und die Mehrzahl meiner Kameraden verliess das Bergwerk um in die Heimat zurückzukehren. Ich und zwei meiner Kameraden blieb dann noch bis zum 30. März zur Ausbildung der französischen Rettungsleute und zur Unterstützung der französischen Beamten und Mannschaften.

Wenn es uns leider nicht vergönnt war Menschenleben zu retten, so haben wir doch gezeigt, dass durch andauernde Übung und praktische Erfahrung der Sauerstoffatmungsapparate zu einem wertvollen Hilfsmittel bei Grubenbränden und Explosionen für unsere Gruben geworden ist.

 

                    Die französische Beurteilung der deutschen Hilfe in Courrieres

Wir wussten das die Zeche Hibernia in Westfalen einen Rettungstrupp aufgestellt hatte, das unter den denkbar günstigsten Umständen arbeitet und das durch wiederholte Übungen sich in der Rettungspraxis auf den neuesten Stand hält. Bald nach der Katastrophe von Courrieres bot der Ausschuss für Westfalen ( Bergbaulicher Verein Essen-Ruhr )  telegraphisch seine Dienste an und fragte ob die Ankunft der Deutschen für die Rettungsarbeiten von Nutzen sein könnte. In diesem Augenblick durfte keine Hilfe abgewiesen werden und es wurde sofort telegraphiert, die Deutschen seien willkommen.
Achtundvierzig Stunden später trafen sie ein. Es war eine Mannschaft von ungefähr zwanzig Leuten. Sie trugen alle eine Uniform. Die Wirkung war erschütternd als französische Gendarme die deutschen Uniformen sahen.
" Meine Anmerkung: Nur 5 Grubenwehrleute der Rheinelbe-Truppe trugen eine Uniform "
Gleich nach ihrer Ankunft richteten die Deutschen sich ein, trafen besondere hygienische Vorsichtsmassnahmen, nahmen eine besondere Nahrung ein und stellten sich dann unverzüglich zu unserer Verfügung.
Am Montag dem 12. März 1906, dem Tag ihrer Ankunft war man gerade damit beschäftigt in den Schacht Nr.2 wieder einzufahren, in den man bis dahin wegen schlechter Gase nicht einfahren konnte. Am Montag abend wurde die Wetterführung umgedreht sodass man in den Schacht einfahren konnte. Wir wurden von den Deutschen mit ihren Apparaten begleitet.. Aber die Tatsache, dass wir Leute bei uns hatten die mit Apparaten versehen waren und die uns im Notfall zu unserer Hilfe kommen konnten, bedeutete für uns eine grosse moralische Unterstützung.
Tatsächlich haben wir mit den deutschen Apparaten im Laufe der Arbeiten niemanden retten können, sie haben aber uns grosses Vertrauen eingeflösst und uns gestattet Erkundungen vorzunehmen die wir ohne Apparate nicht ausgeführt hätten. Nach dieser ersten Erkundung hat man mit der Bekämpfung des Feuers begonnen. Dabei handelten die Deutschen wieder ganz uneigennützig und wir können nur Lobendes von ihnen sagen. Die Arbeiter waren in 4 Posten für je 6 Stunden aufgeteilt wobei ein Doppelposten von den Deutschen gestellt wurde.
Gleich am Anfang waren die Pariser Feuerwehrleute eingetroffen. Wenn wir ihre Mitarbeit nicht gleich vom ersten Tag an in Anspruch nahmen, so lag es daran weil sie die Grube nicht so gut kannten wie die Deutschen. Sobald man Zeit gefunden hatte ihnen zu sagen wie es mit einer Grube bestellt ist, haben sie sich mit einer Aufopferung an die Arbeit gemacht. Nach ca. 6 Wochen haben sich die Bergleute von Courrieres an die Arbeit in den Rettungsgeräten gewöhnt und die Deutschen kehrten wieder nach Hause zurück, nachdem sie noch Bergleute ausgebildet hatten.
Bald nach ihrer Abfahrt ereignete sich ein schwerer Unfall. Ein Bergmann aus Courrieres war mit einem Dräger-Helmapparat eingefahren und zusammengebrochen. Vier Leute,  2 mit Shamrock-Geräten und 2 Drägergeräten 1904/09 ausgerüstet, war es gleichfalls unwohl und holten Hilfe. Der Bergmann konnte nur noch tot geborgen werden.

 

 

           Der englische offizielle Bericht über die Katastrophe von Courrieres

Dieser Bericht ist das Ergebnis einer ausserordentlich gründlichen örtlichen Untersuchung welche eines der Kommissionsmitglieder, W.N.Atkinson Inspektor of Mines in 18 verschiedenen Befahrungen von Anfang Mai bis Ende Juni 1906 vorgenommen hat. Also in einer Zeit wo die Aufbewältigungsarbeiten schon so weit fortgeschritten waren, dass die meisten der in Mitleidenschaft gezogenen Grubenteile befahren werden konnten. Der Bericht vertritt die Ansicht, dass es sich in Courrieres um eine reine Kohlenstaubexplosion gehandelt habe und das weder für die Mitwirkung von Schlagwettern, noch für die sonstiger explosiver Gase irgend ein Anhaltspunkt vorliegt. Die mehrfach geäusserte Ansicht das destilliertes Gas, welches bei dem Brand im Cäcilieflöz in der Nähe des Schachtes 3 entstanden sei, teilt der Verfasser des Berichtes nicht. Er erwähnt das von den 5 Dämmen, welche den Brandherd abgeschlossen haben, 3 vollständig intakt aufgefunden, während 2 einfache Ziegeldämme nach innen, dem Brandherd zu, durchgeschlagen worden seien. Eine Reihe von anderen Begleiterscheinungen in der Nähe dieses Brandfeldes bringen ihn zu dem Schluss, dass der Grubenbrand in keinerlei ursächlichem Zusammenhang mit der Explosion gestanden haben könne. Was aber an diesem Bericht besonders interessant ist, ist das W.N.Atkinson glaubt, den Herd  der Explosion gefunden zu haben. In der Tat hat diese Ansicht Atkinson sehr viel Wahescheinlichkeit für sich. Es sei hier bemerkt, dass schon eine der ersten Massnahmen der französischen Bergbehörde die gewesen war, alle Anzeichen welche auf die Richtung der Explossionsflamme schliessen liessen, sorgfältig zu notieren. Alle diese Spuren weisen auf ein Streckenpaar im Josephineflöz der 326 Meter-Sohle im nördöstlichen Teil des Schachtfeldes 3 hin. Vor Ort der unteren Strecke fand man in fester Kohle die Spuren eines ausblasenden Schusses. Die Strecke welche in dem Bericht nach dem Namen des betreffenden Kameradschaftsführers die " Leoeuvre Gallerie " genannt wird, stand in fester, solider Kohle, war  7  1/2 Fuss hoch und 9 Fuss breit. Der Schuss oder besser gesagt, der Schusstrichter befand sich nahe dem linken oder nördlichen Stoss ( dem Oberstoss ) etwa  1,5 Meter über der Sohle und war 50 cm tief und vorn 10 - 15 cm weit. Die Kohle im Innern des Trichters war teilweise zu feinem Kohlenstaub zermalmt. Das Loch ging etwas nach oben, sodass die Verlängerung seiner Achse die Streckensohle etwa 8 Meter vom Stoss entfernt trifft. Unmittelbar unter dem Schussloch war ein Haufen Kohle, auf welchem 3 Leichen eine Keilhaue und einige kurze Stempel und Kappen lagen. Einige Meter davor war eine Bohrmaschine, einige Bohrer und ein hölzerner Lader. Die Wetterlutten waren alle niedergeworfen und die dritte Lutte vom Ortsstoss aus gerechnet, welche gegenüber der Stelle lag wo die Verlängerung des Bohrloches die Sohle trifft, war kurz and klein gebrochen. Das Ringstück, welches das zweite und das dritte Luttenrohr verbunden hatte, steckte innerhalb des zweiten. 19 Meter vom Ortsstoss lag unter Gesteinstrümmern der Körper eines vierten Mannes dem ein Arm und ein Bein fehlten. Diese Gliedmassen fanden sich 3 Meter weiter entfernt. Ausserdem sind sehr viele Anzeichen von Flammenwirkung gefunden worden und sehr viel verkohlter Kohlenstaub. Die Leichen wiesen tiefe Brandwunden auf. Im ganzen war das Ort sehr staubig und zwar wahrscheinlich wegen der Anwendung von Bohrmaschinen welche mit komprimierter Luft betrieben worden waren. Der Bericht bringt einige interessante photographische Aufnahmen dieses Explosionsherdes, von denen wir eine besonders interessant wiedergeben. Aufgrund dieses Befundes kommt der Bericht zu dem Schluss, dass es sich wahrscheinlich um ein 1,5 Meter tiefes Bohrloch gehandelt habe, welches mit ca. 400 - 450 Gramm explosiv Favier geladen war. ( Belgischer Sprengstoff aus einer Mischung von Ammonsalpeter und Binitronaptalin ) Die auffallende Erscheinung das unmittelbar vor Ort Leichen gefunden worden sind, erklärt sich Atkinson so, dass es sich augenscheinlich um ein Versagen gehandelt habe, welches bei dem Versuch des Anbohrens oder des Aushauens explodiert sei. In der Annahme wird er dadurch bestärkt, dass unmittelbar über dem Schussloch sich deutliche Spuren von Keilhauarbeiten gefundenhätten, welche zweifels ohne zum Zweck der Blosslegung des Versagers gemacht worden waren. Bei dieser Arbeit sei möglicherweiser die Sprengkapsel getroffen und so die Ladung zur Explosion gebracht worden.